AK-Retro: Shichinin no samurai (1954)

Ein kleiner Sprung von mir nach vorne im Rahmen meiner Kurosawa-Retro, da ich die hervorragende 3-Disc-Edition von Criterion mir gekauft habe und da „Shichinin no samurai“, Kurosawas größtes und bekanntestes Meisterwerk, gleich anschauen wollte

Kurosawa schafft es auf einer Länge von deutlich über drei Stunden eine große und packende Geschichte zu erzählen. Dabei nimmt sich sehr viel Zeit für die ausgiebige Charakterisierung der sieben Samurai. Etwas stärker im Vordergrund stehen dabei vier: Kambei, der erfahrenste und der Anführer. Er plant die Verteidigung des Dorfes. Dann der große Schwertkämpfer Kyuzo, ein ruhiger Stoiker, der kaum Gefühle zeigt und ruhig seine Aufgaben erledigt. Dann der junge Katsushiro, der hauptsächlich aus dem "Abenteuer" lernen will und der sich in die hübsche Shino verliebt, eine Liebe ohne Chance.

Und schließlich ist da Kikuchiyo, der von Kurosawas Lieblingsschauspieler Toshirô Mifune verkörpert wird. Mifune spielt - wenn man eine Rolle so bezeichnen kann - die Hauptrolle im Streifen. Er stellt die Mitte zwischen den beiden Welten dar, die Kurosawa schildert, zwischen den Bauern und den Samurai. Er stammt selbst aus einer Bauernfamilie, seine Eltern wurden getötet, wohl von Samurai, und er will trotzdem selbst ein Samurai sein. So ist er der einzige, der die Bauern verteidigt, als die anderen Samurai herausfinden, dass die Bauern früher einmal Samurais getötet haben.

Kikuchiyo ist zudem eine Person, die sehr unbeherrscht ist und gerade aufgrund der Tatsache, dass er kein richtiger Samurai ist, nach Anerkennung durch die anderen sucht. Er explodiert förmlich beim Versuch dabei so schnell wie möglich so zu werden wie die anderen Erfahrenen. Mifune spielt das ganze einfach grandios. Seine Ausbrüche, die hart an der Grenze zum Overacting sind (diese aber nie überschreiten) kommen immer zur richtigen Stelle. Dazu kann er noch für einige witzige Momente sorgen. Im amerikanischen Remake "Die glorreichen Sieben" wird diese Rolle von Horst Buchholz verkörpert und obwohl auch dieser eine großartige Leistung zeigt, steht er weit im Schatten seines "Vorgängers" Mifune.

Der Unterschied zwischen Bauern und Samurai macht einen großen Teil des Films aus. Auf der einen Seiten die Bauern, ohne jegliche Geschichte, ohne jeglichen Ruhm und hart arbeitend, auf der anderen Seite die Samurai, Angehörige einer ruhm- und geschichtsreichen Militärkaste. Diese beiden so gegensätzlichen Gruppen müssen zusammen kämpfen und Kurosawa setzt dabei nicht, wie man es vermuten könnte, den Samurai ein Denkmal, sondern den Bauern.

Die Zeit der Samurai, der Individualisten ist vorbei, die Bauern, die zusammenhalten, im Kampf und auf dem Feld sind die wahren Sieger. Zwischen den Gruppen gibt es keine Gemeinsamkeiten, sie gehen nur ein Zweckbündnis ein. Bezeichnend dafür der Schluss des Films: Der Kampf gegen die Banditen ist vorbei, der Kampf der Samurai ist vorbei, für die Bauern geht der "Kampf" weiter: der Reis muss gesät werden. "Wir haben nicht gesiegt. Es sind die Leute aus dem Dorf, die gesiegt haben. Die Samurai haben verloren." Das sind die letzten Worte im Film, die einer der wenigen überlebenden Samurai sagt. Diese Worte zeigen das wahre Verhältnis von Bauern und Samurai.

Kurosawa ist nicht nur ein hervorragender Geschichtenerzähler, er versteht auch sein filmisches Handwerk. Das merkt man bei diesem Film besonders. Der Film wechselt gekonnt zwischen langsamen Passagen mit großen und breiten Erzählungen und großartigen Bildern, er wechselt zwischen fast statischen Szenen und plötzlich rasanten Szenen, die dem Film zeitweise ein enormes Tempo gehen. Der Film ist dabei voll von denkwürdigen Szenen. Herausheben möchte ich die Überwältigung des Diebes durch Kambei recht am Anfang, welche das große Finale im Regen imho noch übertrumpft (so weit man so etwas bei diesem Film überhaupt sagen darf). Die ganze Sequenz, angefangen von der Haarrasur, die den Trick mit der Verkleidung als Mönch vorbereitet, hin bis zum Kampf der im Off stattfindet und dem Slow-Motion-Abschluss der Szene. Eine Szene, die ich persönlich immer wieder anschauen könnte und die sicher auch einen meiner Lieblingsregisseure Sam Peckinpah beeinflusst haben dürfte (als der dann die Möglichkeit bekam, sich bei Kurosawa zu bedanken, betrank er sich leider lieber). Immer wieder ein Genuss, trotz der Laufzeit (ich hasse normalerweise Filme mit extensiver Laufzeit) und ich kann jedem Fan des Films die Criterion nur ganz stark ans Herz legen.

Kleiner Hinweis in eigener Sache: Der Text basiert im wesentlichen auf einem einige Jahre alten Text von mir zum Film, wurde an einigen Stellen allerdings gekürzt, an anderen erweitert (vor allem am Ende). Sah keinen Sinn darin, noch mal einen neuen Text zu schreiben, wo ich doch schon einen geschrieben habe… ;)

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